Still und unerkannt
Manche Weihnachtslieder kenne ich seit meiner Kindheit. Zum Beispiel “Alle Jahre wieder”. Das kann ich immer noch auswendig. Dieses Jahr habe ich mich gefragt: Warum ist dieses Lied eigentlich so beliebt? Vielleicht liegt es daran, dass es so einfach und schlicht ist. Und trotzdem Tiefgang hat. Und alle angeht.
So heißt es vom Christkind: “Kehrt mit seinem Segen ein in jedes Haus”. Das Christkind kommt bei jedem vorbei. Nicht bloß bei den Schönen und Reichen. Nicht bloß bei den Frommen und Wohlanständigen. Es kommt in jedes Haus. Auch zu denen, die sich in diesem Jahr überhaupt nicht auf Weihnachten freuen können. Weil sie krank sind oder allein. Oder weil sich die Familie verkracht hat. Das Christkind kommt trotzdem. Ohne zu tadeln oder herumzukritisieren. Es kommt mit seinem Segen. Es tut den Menschen gut, zu denen es kommt. Es verbreitet Freude und Zuversicht. Wo das Christkind hinkommt, da wird es hell und warm.
Mir hat sich besonders die letzte Strophe eingeprägt: “Ist auch mir zur Seite still und unerkannt, dass es treu mich leite an der lieben Hand.” Weihnachten hat etwas Geheimnisvolles. Das Wichtigste ist nicht zu sehen. So schön das Kerzenlicht in unseren Häusern ist, so schön die Weihnachtsmärkte und Adventskonzerte sind, sie sind nicht das Entscheidende. Das, worauf es ankommt, ist gar nicht zu sehen. “Still und unerkannt” ist das Christkind unterwegs. Unterwegs zu jedem einzelnen. Das Christkind ist auch dann da, wenn ich es nicht spüre. Selbst mitten im Dunkel ist es da. Still und unerkannt steht es mir zu Seite.