Jesus Christus spricht:
Seid barmherzig, wie auch
euer Vater barmherzig ist!
Lukas 6, 38
Idee: Renate Menneke
Gemalt von: Willi Rutenfranz und Eva Klein
mit Acrylfarben/Spachteltechnik
Gedanken zur Jahreslosung von Vikar David Bauer
Barmherzigkeit – eine Zumutung?
Alle Jahre wieder gibt es sie: die guten Vorsätze im neuen Jahr. Häufig betrifft es die körperliche Fitness oder die Essgewohnheiten, da die Feiertage diesbezüglich ein leicht schlechtes Gewissen zurückgelassen haben.
Auch die Jahreslosung kam mir im ersten Moment wie so ein gut gemeinter Vorsatz vor, der ein schlechtes Gewissen hinterlässt: seid barmherzig, wie auch euer Vater barmherzig ist.
Wie aber ist das gemeint? Ein weiteres Ziel, von dem ich befürchten muss, davon schon im Februar nicht mehr viel zu sehen? Muss ich mich da anstrengen, das durchzuhalten?
Ich bin da skeptisch und denke, mit dieser Perspektive ist die Aufforderung eine Zumutung, die uns wieder und wieder zeigt, wie wenig wir das eigentlich können.
Die Dynamik biblischer Aufforderungen ist eigentlich andersrum. Jeremia hat dazu das treffende Bild:
Gesegnet ist der Mensch, dessen Hoffnung auf Gott gründet. Der ist wie ein Baum, am Wasser gepflanzt, der seine Wurzeln zum Bach hinstreckt. […] Er sorgt sich nicht, wenn ein dürres Jahr kommt, sondern bringt ohne Aufhören Früchte (Jeremia 17,7–8).
Die Aufgabe des Baumes ist nicht, sich zu sorgen oder angestrengt Früchte zu bringen, sondern sich in den Bach zu versenken. Die Kraft und Energie liegen im Wasser und werden zur rechten Zeit die Früchte hervorbringen.
So spricht uns die Jahreslosung zu: Versenke dich in Gott, in seiner Barmherzigkeit. Mach dir immer wieder klar, was er getan hat und was er tut – jeden Tag neu. Das ist die Quelle für alle Barmherzigkeit, die wir geben können.
Doch erneut bin ich skeptisch: ist das nicht genau Dasselbe nur diesmal im frommen Mantel, ein wenig subtiler, aber nicht weniger ichbezogen: „Erinnere dich mehr, glaube mehr… dann wirst du Früchte tragen!“
Ich glaube, selbst dazu sind wir oft nicht im Stande. Manch einem mag es wie mir gehen und sich fragen: „Ja was tut denn Gott? Wo ist er? In was soll ich mich da versenken? Irgendwie regt sich nicht so viel, wenn ich an ihn und seinen Sohn am Kreuz denke…“
Hier setzt das Bild für die Jahreslosung einen zutreffenden wie tröstenden Gedanken visuell um: Jesu Aufforderung ist mit Rot hinterlegt und umgeben von einer flammenartigen Atmosphäre. Sowohl die Farbe Rot als auch die Flammen symbolisieren den Geist Gottes.
Und er ist es, den wir brauchen. Er selbst will in uns Freude und Verstehen an Gott wecken (Joh16,13f). König David betete einmal so: „Gib mir wieder die Freude an deinem Heil, und stärke mich mit einem willigen Geist!“ (Ps51,14) Das trifft den Nagel auf den Kopf. Gott selbst muss mir durch seinen Geist die Sehnsucht nach ihm und seinem Wirken schenken. Erst dann weiß ich wieder, wie barmherzig mein Vater im Himmel ist. Und dann kann ich das weitergeben.
Ich wünsche uns, dass wir in diese Bitte einstimmen und uns immer wieder von Gottes Geist füllen lassen. Dann wird es uns hoffentlich überraschen, wie barmherzig wir doch sein können, – nein wollen!