Uns ist ein Kind geboren
Ein Kind steht im Mittelpunkt des Weihnachtsfestes. Ein Kind, wehrlos und hilfsbedürftig wie jedes andere, angewiesen auf liebevolle Zuwendung und Geborgenheit. Und zugleich ein Kind, das vollkommen anders ist, weil in ihm Gott zur Welt kommt. Meist fällt uns der Gegensatz gar nicht mehr auf in der Weihnachtsgeschichte des Lukas. Wie jedes andere wird das Kind in Windeln gewickelt, aber über ihm ist der Himmel offen und die Engel singen: „Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden.“ Himmlisches und Irdisches kommen in diesem Kind zusammen.
Der Gegensatz geht weiter: Das Gotteskind wird in eine Krippe gelegt, draußen bei den Tieren, „denn sie hatten sonst keinen Raum in der Herberge“. Ein Ausdruck für die harte Ablehnung, die das Kind erfahren wird, eben weil in ihm Gott selbst zur Welt kommt. Ein Hinweis auf das Kreuz, das am Ende des Weges steht. In Geburt und Tod zeigt sich die Ablehnung.
Unwillkürlich fragt man sich: Woher kommt die Ablehnung? War das Kind nicht mit Sehnsucht erwartetet worden? Schon der Prophet Jesaja hatte die Geburt eines Kindes verheißen: „Siehe, eine Jungfrau ist schwanger und wird einen Sohn gebären, den wird sie nennen Immanuel“ (Jesaja 7,14). Immanuel – Gott mit uns – der Name drückt die Gottesnähe des Kindes aus: Es ist die Geburt des messianischen Friedenskönigs.
Wie aber kann Gott in einem Kind den Frieden bringen? Ist es nicht vollkommen wehrlos, wie sollte es dann Krieg und Streit in dieser Welt überwinden? Dietrich Bonhoeffer bringt es auf den Punkt: „Wie zur Beschämung der gewaltigsten menschlichen Anstrengungen und Leistungen wird hier ein Kind in den Mittelpunkt der Weltgeschichte gestellt.“ Der militärischen Gewalt, dem Gedröhn der Soldatenstiefel, setzt Gott die Geburt eines wehrlosen Kindes entgegen. In einem Kind schenkt Gott der Welt den Frieden.
Darum ist der Weg des Kindes von Gott gewählt. Es muss auf Ablehnung stoßen, denn nur so kann Unfrieden, Leid und Not überwunden werden. Gott selbst hat das Kind gesandt. Gottes Sohn tritt ein in das menschliche Leben und Leiden. Er selbst wird ein Kind, damit wir Gottes Kinder werden. Durch die Geburt des Kindes ist uns die Geburt des Glaubens eröffnet. Als Kinder Gottes können wir in tiefer Verbundenheit mit diesem Kind und Gott, dem Vater, leben.